Georg Philipp Telemann: Kapitänsmusik 1744
REZENSION
In guten Händen
Telemanns Kapitänsmusiken haben in der Regel nichts mit Seefahrt, sondern mit den Hauptmännern der Hamburger Bürgerwehr, den so genannten Bürgerkapitänen, zu tun, deren Engagement einmal im Jahr mit großen Paraden und einem Festessen gewürdigt wurde. 1744 erklang vor dem Convivium das Oratorium „Vereint euch, ihr Brüder“, ein mannigfacher Dank für Gottes Schutz; danach wurden in der allegorischen Serenata „Freyheit! Göttin, die Segen und Frieden begleiten“ die Vorzüge bürgerlicher Tugenden vorgeführt. All dies vertonte Telemann wie gewohnt sehr originell, und er ließ es sich nicht nehmen, bisweilen sehr galante Töne anzuschlagen, gewissermaßen als Kontrast zu sehr kunstvollen, fast schon gesuchten Choralsätzen. Dass diese Musik bei Manfred Cordes und seinen Mitstreitern in guten Händen ist, versteht sich fast von selbst. Das instrumentale und vokale Niveau ist hoch, die Affekte der einzelnen Sätze werden gut erfasst, und die Entscheidung, die Chorsätze mit einem Doppelquartett zu besetzen, entspricht nicht nur Telemanns eigener Praxis, sondern führt zu einem rundum überzeugenden klanglichen Ergebnis. Indes könnte man sich gut vorstellen, einigen Arien mehr Tiefe, anderen mehr Erhabenheit, wieder anderen mehr Spannkraft oder Schwung zu verleihen. Das Ensemble Weser-Renaissance agiert im besten Sinne versiert, lässt aber manches dann doch etwas glatt laufen, fast als scheue man sich davor, Telemann als wirklich „großen“ Komponisten zur Geltung kommen zu lassen, der den blumigen Text ernst nimmt und musikalisch bis in die Ecken auslotet. Dies sollte gewiss mehr als bloß nette Unterhaltungsmusik sein.
Matthias Hengelbrock,22. Juli 2009 | Fono Forum