Franz Schubert: Winterreise
Dominik Wörner, Bassbariton
Christoph Hammer, Hammerflügel
Eingespielt an einem historischen Hammerflügel von Conrad Graf, Wien 1827-28
REZENSIONEN
Das Klangerlebnis ist der Hammerflügel!
Winterfarben. Eigentlich liegt das Bemerkenswerteste dieser "Winterreise" im Klangreichtum des Wiener Hammerflügels aus Schuberts Zeit. Betont zupackend begleitet darauf Christoph Hammer mit Dominik Wörner einen der interessantesten Bassbaritöne der jüngeren Generation.
Crescendo - Das Klassikmagazin, Jan 2008
Kunst des Zurücknehmens
Was für ein Clavierklang! Welche Farben, welche Abstufungen! - Die Eindrücke der neuesten Produktion aus dem Hause Ars Produktion Schumacher, eine Aufnahme von Franz Schuberts 'Winterreise', möchte ich am besten mit Ausrufesätzen hinausposaunen, in der Hoffnung, dass diese Einspielung eines so kleinen, aber feinen Labels eine große Käuferschaft findet. Denn dass hier Großartiges zu vernehmen ist, steht außer Zweifel. [...]
In Dominik Wörners Interpretation scheint genau das umgesetzt, was der Münchner Musikwissenschaftler Georgiades seinerzeit über Schuberts 'Winterreise' geschrieben hatte, dass es in diesem Zyklus vielmehr aufs Sprechen als aufs Singen ankäme, dass aber das Sprechen gleichsam singend stattfinden solle, ansonsten Müllers Poetik einen pathetischen Zug bekäme, der dem Duktus und Inhalt der lyrischen Vorlage nicht anstünde. Genau dies macht Wörner. Er meißelt die Worte ganz klar, aber eben mit einem Miniaturgriffel, also mit sorgsamer und subtiler Modellierung der Details.Geniale Verbindung mit dem Hammerflügel
In dem Maße, in dem vokale Legato-Kultur hier zugunsten von Textausdruck zurücktritt, werden in ihrer Deutbarkeit offene Textabschnitte von Dominik Wörner klar und unverhohlen in eine Richtung gelenkt. So erreicht es Wörner mit Stimmtimbre und harter Artikulation, den Textabschluss vor dem Übergang in den Dur-Teil, '.fein Liebchen, gute Nacht!' voller Hohn und ätzender Schärfe zu präsentieren. Auch dies macht die künstlerische Größe von Wörners Deutung aus: Dass er den Zeilen Wilhelm Müllers durch Stimmfärbung und weitere interpretatorische Strategien eine für ihn klar 'formulierte' Deutung zukommen lässt.
Großen Anteil an dieser ganz neue Perspektiven öffnenden Einspielung hat der Pianist Christoph Hammer, der seinen Conrad-Graf-Hammerflügel mit viel Feingefühl bedient. Dieses wunderbare Instrument ermöglicht es nicht nur, ganz klar konturierte Basslinien ohne zu viel Schwere hervorzubringen (etwa in 'Auf dem Flusse'); das Beeindruckende ist vor allem die extreme Farbigkeit des Flügels, besonders das Maß klanglicher Dämpfung, das ein wirkliches Pianissimo bei gleichzeitiger Prägnanz des Klanges ermöglicht. Der Moderatorzug ('Piano-Register') erzeugt einen fast harfenähnlichen, silbrigen Klang, der etwa dem Dur-Umbruch in 'Gute Nacht' eine eindringliche Klangwirkung verleiht; noch wirkungsvoller freilich darf der Graf-Flügel im 'Lindenbaum' schimmern, ein unvergleichlicher Klang, dem sich Dominik Wörner mit seinem Stimmtimbre anpasst, um daraus eine klangliche Verschmelzung hervorgehen zu lassen, die mit einem heutigen Flügel kaum je erreicht wird.
Mit dieser wundervollen, klangtechnisch hervorragend geratenen Aufnahme bekommt der Käufer eine außergewöhnliche Aufnahme der 'Winterreise'. Die Transposition nach unten wurde hier - entgegen der gängigen Praxis - für alle Lieder um das gleiche Intervall vorgenommen, so dass also im 'Lindenbaum' oder 'Irrlicht' recht tiefe Lagen erreicht werden müssen. Dominik Wörner gelingt das mit seinem warmen, eher dunklen Bassbariton bestens. [...]Kritik von Tobias Pfleger, Klassik.com, 27.11.2007
Deutungsvielfalt - Neue Aufnahmen von Schubert-Liedern
Liedaufnahmen sind Nischenprodukte besonderer Art [...] - das Angebot an herausragenden Einspielungen etwa von Liedern Franz Schuberts ist mittlerweile Legion. So muss jeder Sänger, der eine "Winterreise" oder einen "Schwanengesang" vorlegt, sich wohl oder übel die Frage nach seiner individuellen vokalen Signatur gefallen lassen [...] Der Bariton Roman Trekel und der Bassbariton Dominik Wörner haben sich [...] der Herausforderung der "Winterreise" gestellt. Wie Goerne machen auch sie deutlich, dass Reise bei Schubert Seelenreise bedeutet. Doch ihr Ansatz ist von anderer Art. Bereits mit den ersten paar Takten setzt Trekel die Segel [...] Bei Dominik Wörner geht es forscher zu. Sein Bassbariton hört sich ausgesprochen markig an, und Christoph Hammer am Hammerflügel entscheidet sich für vergleichsweise breiten Ton [...] Der Zugang zu dieser "Winterreise" ist von Nachdrücklichkeit geprägt, was nicht heisst, dass Wörner in deutscher Tradition das Rhetorische überbetonen würde. Kraftvoll wirkt seine Gestaltung, aber nie ungehobelt, denn die Dynamik wird immer wieder reduziert, ohne dass sich der klare Fokus der Stimme verlöre. Dies ist eine männlich-aggressive "Winterreise", die auf der Basis eines imponierenden Materials einen durchaus speziellen Reiz ausübt [...] Eindrücklich zeigen die vier Compact Discs: Neben den Grossen der Vergangenheit haben in der Schubert-Interpretation auch die Sänger der Gegenwart ein gewichtiges Wort mitzureden.
Neue Zürcher Zeitung (NZZ) 7.11. 2008 / Phono-Spektrum - Thomas Baltensweiler
Unzweifelhaft ist, dass Schubert in Wilhelm Müllers Gedichten nicht bloß die Folie für berührende Musik suchte, sondern die (auch politisch gemeinten) Texte wie mit Rotstift unterstreichen wollte. Eben dies betont Dominik Wörner in seiner eigenwilligen, zunächst einmal gewöhnungsbedürftigen Interpretation bei Ars Produktion Schumacher. Er deklamiert hart, artikuliert mit großer Prägnanz, meißelt die Worte ganz bewusst auf Kosten der Legato-Linie heraus. Als Bassbariton transponiert er die Lieder natürlich nach unten - aber nicht beliebig und bequem, sondern konsequent um eine Terz. [...]
Opernwelt 7/2008 - Gerhard Persché
Gründlich und bedacht
Schubert, Winterreise. In die Sechzehnteltriolen des Klaviers stiehlt sich eine Stimme hinein, verwebt sich mit der Begleitung - und es erwischt einen. Mit edler Phrasierung schwingt die Stimme Dominik Wörners aus, braust wieder auf, verweht, tost, brodelt unterschwellig und verebbt - wie eine Naturgewalt. Alles aus der Hand legen, alles liegen lassen, lauschen.
[...] Wie viel Sorgfalt, Überlegung und Fachkompetenz Dominik Wörner und sein kongenialer Begleiter, Pianist Christoph Hammer, in das Projekt gesteckt haben, vermittelt auch das Booklet. Und das kann vielleicht exemplarisch für seine Herangehensweise gelten: gründlich und mit Bedacht.die Kirche, 02.03.2007 - Katrin Pischetsrieder